Arsch huh, Zäng ussenander!
Gestern, heute und morgen – in Köln und überall
Deutschlands langlebigste Musiker- und Künstlerinitiative mobilisiert seit 30 Jahren erfolgreich gegen Rassismus und stärkt den Zusammenhalt in einer ganzen Region.
(Köln) Am 9. November 2022 ist es genau 30 Jahre her. 100.000 Menschen aus der gesamten Region versammelten sich rund um den Kölner Chlodwigplatz zu einer der größten Kundgebungen, die die Stadt je gesehen hatte. Das Motto: „Arsch huh, Zäng ussenander!“ – zu deutsch: „Aufstehen und den Mund aufmachen!“ Die Demonstranten waren dem Aufruf der Kölner Musikszene gefolgt, gemeinsam gegen Rassismus und Neonazis zu protestieren. Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und Übergriffe auf Menschen ausländischer Herkunft waren im Deutschland Anfang der 90er Jahre in einem Ausmaß zum Alltag geworden, dass es vielen die Sprache verschlug.
Es war der kölsch-türkische Musiker und Journalist Nedim Hazar, Vater von Eko Fresh, der damals unter befreundeten Musikerinnen einen ersten Weckruf aussandte. Binnen weniger Tage raufte sich auf Initiative von Wolfgang Niedecken und dem Musikmanager Karl Heinz Pütz die nahezu vollständige Riege der populärsten Kölner Musikgruppen zusammen, darunter BAP, Bläck Föös, Höhner, LSE, Piano has been drinking, Zeltinger , Brings und Nick Nikitakis. In Windeseile wurden neue Songs komponiert, eingespielt und veröffentlicht, so dass die ersten CDs noch am Tag der Kundgebung auf der Straße verkauft werden konnten.
Zum ersten Mal bahnte sich ein Schulterschluss an, der über den eigenen Tellerrand der Bands hinausreichte und auch für andere Initiativen wegweisend wurde: Ein übergreifendes Bündnis aus allen demokratischen Kräften, von der politischen Linken bis weit ins bürgerliche Lager. Auf die Musikszene übertragen: Rocker und Karnevalisten standen hier zusammen. Mehr noch: Von Beginn waren die Musiker bestrebt ihr Netzwerk auch auf die international geprägte Musikszene der Stadt auszudehnen und ein breit gefächertes Umfeld aus Kulturschaffenden, Wissenschaftlern und gesellschaftlich und politisch wirkenden Kräften an sich zu binden. So standen sie an diesem Abend auf einer Bühne: Künstler und Gruppen aus Punk, Rock, Blues, Pop, Soul, HipHop, Weltmusik, Kabarett, einem schwulen Männerchor und als Vertreter der älteren Generation der Schauspieler Willy Millowitsch. Seine Rezitation aus Zuckmayers „Des Teufels General“ über die vielfältigen Wurzeln der Rheinländer, markierte einen Höhepunkt unter den zahlreichen Redebeiträgen des Abends, darunter Klaus Bednarz (Monitor), die Autoren Elke Heidenreich und Günter Wallraff sowie der Edelweißpirat Jean Jülich.
Die Kundgebung hatte eine ungeheure Signalwirkung. Der Protestsong „Arsch huh“ wurde zur Hymne und spielte mit der gleichnamigen CD innerhalb kurzer Zeit 1 Mio. DM ein, mit dem die Musiker zivilgesellschaftliche Projekte in der gesamten Region fördern konnten. Der Kern der Musiker entschied sich die eigene Bekanntheit dauerhaft für politische Ziele einzusetzen. Zu diesem Zweck gründete man einen Verein, sein Name: Arsch Huh e.V..
Heute ist Arsch Huh die langlebigste und einflussreichste Musiker- und Künstlerinitiative gegen Rechts in der Bundesrepublik Deutschland. Wie kaum einer anderen Initiative gelang es ihr immer wieder nennenswerte Teile der lokalen und regionalen Bevölkerung für den Protest gegen rechtsgerichtete Gruppierungen zu mobilisieren. Die Liste der Aktionen an denen sich in den vergangenen 30 Jahren sicher mehr als 1000 Kulturschaffende auf Podien und Bühnen beteiligt haben und mehr als 1 Million Menschen erreichten, zeigt auf eindrucksvolle Weise die Wirkungsmöglichkeiten einer Künstlerinitiative im Spannungsfeld von Musik und Politik. Der Begriff Arsch huh gehört inzwischen zum lokalpatriotischen Selbstverständnis der gesamten Region. Und dies generationsübergreifend, zumal mit der Zeit auch jüngere Künstler:innen und Bands wie Fatih Cevikkollu und Carolin Kebekus, Kasalla, Cat Ballou, Eko Fresh, Mikrophone Mafia, Stunker und Björn Heuser sich bei Arsch huh engagieren. Wen wundert´s, dass es Versuche von Rechtsaußen gegeben hat, den Ausruf Arsch huh oder viele kölsche Evergreens für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen. Doch auch dies wussten die Arsch huhs schlagfertig abzuwehren, ob musikalisch mit dem Song „Su läuf dat he“ oder auch mit Anwälten und Gerichten.
Arsch Huh gehört inzwischen zum kölschen Brauchtum als Synonym für das Engagement, mit dem die gesamte Region gegen Rechts, für die Verbesserung des Zusammenlebens und auch für eine solidarische Stadtgesellschaft mobilisiert wurde.
Dieses 30-jährige Engagement hat Spuren hinterlassen. Köln bekennt sich zu Toleranz und Vielfalt. Rechtsextreme Gruppen und Parteien spielen in Köln kaum eine Rolle. Aber Wachsamkeit bleibt
geboten: Hanau und Halle, rassistische und antisemitische Übergriffe zeigen, dass der Kampf für eine demokratische und solidarische Gesellschaft weitergehen muss. Arsch huh, Zäng ussenander bleibt eine Daueraufgabe – in Köln und überall!
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