Sind wir es, die vergessen werden?
Oder: sind wir es, die vergessen werden?
Mobile Akademie Berlin
MEMORY, SPEAK!
Über die Gegenwart und einige zukünftige Ereignisse
Akademie der Künste, Hanseatenweg, Berlin
Erinnerungsprobleme? Probieren wir ein anderes Gedächtnistheater. Die Mobile Akademie präsentiert einen performativen Vorschlag für Erinnerungskultur in einer Migrationsgesellschaft.
Ein Projekt der Mobilen Akademie Berlin in Zusammenarbeit mit: Aliaksei Bratachkin, Guillaume Cailleau, Vaginal Davis, Anselm Franke, Christian Fritzenwanker, Lamin Leroy Gibba, Shadi Habib Allah, Karin Harrasser, Alice Hasters, Heinrich Horwitz, Hannah Hurtzig, Marian Kaiser & Florian Stirnemann, Anna Jermolaewa, Aurélia Kalisky, Nina Katchadourian & Sina Najafi, Sarah Lewis Cappellari & Anton Kats, Fiston Mwanza Mujila, Mukenge/Schellhammer, Farkhondeh Shahroudi, Jakob Racek, Susanne Sachsse, Eran Schaerf, Cécile Tuseku.
Die Zukunft war immer da. Sie wartet in den nicht realisierten emanzipatorischen Projekten der Vergangenheit auf ihre Reanimierung. In der Performance Memory, Speak! taucht sie auf in vielstimmigen biographischen Erzählungen. Diskurse und Debatten über Erinnerungskultur erhalten keinen Auftritt, dafür der Akt des Erinnerns und die Erinnerungen der Leute selbst – in all ihrer Detailliertheit, Prekarität und fulminanten Inkohärenz. Auf drei Bühnen des Erinnerns durchkreuzen sich weit auseinanderliegende Orte, Zeiten, Ereignisse, fremde und eigene Erfahrungen, Anwesendes und Abwesendes. Die Zuschauer*innen und Zuhörer*innen können sich im Raum frei bewegen und sich den einzelnen Stationen auf verschiedenen Kanälen per Infrarotkopfhörer zuschalten.
CASTING für eine Langzeitdokumentation
Die Mobile Akademie Berlin hat neun Kandidat*innen eingeladen, in einem zweitägigen Casting vor einer dreiköpfigen Jury ihre Erinnerungsfähigkeiten zu testen – live vor Publikum. Sind die Kandidat*innen geeignete Protagonist*innen für eine filmische Langzeitdokumentation, die sie über zehn Jahre begleitet, um festzuhalten, wie sie das kommende Jahrzehnt erlebt haben werden? Die aus erfahrenen Interviewer*innen bestehende Jury interessiert sich besonders für die analytische oder intuitive Fähigkeit der Casting-Kandidat*innen in ihren Erinnerungen und Biografien mögliche Zukünfte aufblitzen zu lassen. Die anschließende filmische Langzeitdokumentation wird in den kommenden zehn Jahren von der in Russland geborenen und in Wien lebenden Künstlerin Anna Jermolaewa realisiert.
RADIO REHEARSAL The Black Caribbean, Memory Techniques for Approximating Ghosted Realities
Wir lauschen dem Re-Hearsal einer Radiosendung. In Loops und Brüchen, in Worten, Musik und Sound kehrt sie zu etwas zurück, was nie erinnert werden sollte. Die Sendung geht um El Corte, das vergessene Petersilienmassaker in der Dominikanischen Republik 1937 – einen der am umfassendsten zum Schweigen gebrachten Genozide des 20. Jahrhunderts. Wie spricht man über Leben, die aus der Geschichte herausgeschnitten wurden und doch unterhalb ihrer weiterpulsieren, beharrlich und widerspenstig die plantation logics stören, die die Gegenwart bestimmen? Die Radioübertragung von Sarah Lewis-Cappellari und Anton Kats stimmt auf Frequenzen dessen ein, was einfach nicht verschwinden will: Klänge und Träume, Erinnerungsfetzen und Familiengeschichten, literarische und poetische Spuren beschwören die Geister, die aus den Archiven vertrieben wurden.
VIDEO PERFORMANCE Kasala Kontinuum
Kasala bedeutet auf Tshiluba Anrufung oder Beschwörung. Es ist nach einer Definition von E.M. Mirembe ein Lobgedicht, das von professionellen Rezitator*innen bei Beerdigungen und anderen Familienfesten vorgetragen wird. Es bindet über viele Stunden die Aufmerksamkeit einer Community und stellt Personen und Biographien in einer bildhaften Sprache vor, die Anwesende und Abwesende, Tote und Lebende versammelt. Eine Videoinstallation von Mukenge/Schellhammer zeigt eine Performance der Kasala-Sprecherin Cécile Tuseku für die kongolesische Kunstszene in Kinshasa. Sie eröffnet einen performativen Raum kollektiver Erinnerung für die Akteur*innen und Ahnen der Szene, erzählt von Biographien und Initiationen, künstlerischen Bewegungen und Beziehungen. Ihre Rezitation wird begleitet von Live-Auftritten des Poeten und Performers Fiston Mwanza Mujila.
Freitag, 12.12., 19:00 - 23:00 Uhr & Samstag, 13.12., 15:00 - 22:00 Uhr, durchgehend Einlass (DE und EN mit Simultanübersetzung). Am Freitag findet von 21.30 - 22.30 Uhr ein kleiner Markt für nützliches Wissen (Foyer Version) mit den anwesenden Künstler*innen statt.
In Kooperation mit der Akademie der Künste. Gefördert durch Hauptstadtkulturfonds Berlin. Begleitet von einem Rechercheprojekt des Co.Lab Erinnerungsarbeit – ästhetisch-politische Praktiken / Kunstuniversität Linz.
Weitere Informationen zum Projekt und zur Mobilen Akademie Berlin finden sich auf der Website und Tickets gibt es hier.
Der Veranstaltungsort ist barrierefrei für rollstuhlnutzende Menschen und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zugänglich; bei Bedarf wird Unterstützung angeboten.
Preisinformation:
Freitag, 12.12. 19–23 Uhr € 15/9 Samstag, 13.12. 15–22 Uhr € 15/9 (jeweils 15–18 Uhr; 19–22 Uhr) € 20/10 (Tagesticket)
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