Das sagt der/die Veranstalter:in:

wertLOS in der xpon-art gallery

 

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Eine thematische Gruppenausstellung zeitgenössischer Kunst zu Werthaftigkeit und Wertlosem

geöffnet bis zum 12. Oktober 2025 jew. Sa-Di 18-21 Uhr

zum Tag des offenem Denkmals am 13.9. ab 15h geöffnet mit Führungen um 15, 18 und 20 Uhr

 

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Vor 150 Jahren wurde die Hamburgische Münze in der Nähe des Hamburger Hauptbahnhofs fertiggestellt und erhielt das Recht, die einheitliche deutsche Währung zu prägen. Sie wurde und blieb, obwohl seit über 40 Jahren nicht mehr vor Ort präsent, prägend für das Viertel. Heute sind es stadtplanerische und gesellschaftliche Werte, für die sich im Viertel eingesetzt wird. Wir nahmen dies zum Anlass, anlässlich des Tag des offenen Denkmals zur Auseinandersetzung mit Werten aufzurufen und als Ergebnis die thematische Gruppenausstellung „wertLOS“ in der Münzburg zu zeigen. Die Herangehensweisen der ausgewählten Künstler:innen und die von ihnen untersuchten Aspekte sind sehr heterogen, das Ergebnis aber stimmig – ein bischen frech, etwas sinnlich, und diskursiv wie immer.

 

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Teilnehmende Künstler:innen:

Alexandra von Braun, Axel Beyer, Elena Khurgina, Florian Huber, Frieder Falk, Johannes Groht, Kateryna Kozlova, Margit Tabel-Gerster, Rainer Garbe, Ramona Kortyka, Regina Kelaita, Robert Carley, Sarah Bender-Kronberg, Tingni Ge, Yimei Liu

 

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Die Foto-Serie „demolition“ von AXEL BEYER zeigt drei Beispiele aus der Hamburger Architektur, in denen durch „die Hand des Marktes“, durch privatunternehmerische Entscheidungen und/oder städtische baugeschichtlich einzigartige und damit wertvolle Objekte für wertlos erklärt und abgerissen wurden: Das Cityhof-Ensemble, die Postpyramide und das Euler-Hermes-Hochhaus.

 

Die Stadt feiert eine Woche nach dem Tag des offenen Denkmals das 10-jährige Jubiläum des Weltkulturerbes Kontorhausviertel. Der Cityyhof hätte eigentlich dazu gehört, wir sind daher etwas frech, und stellen diese Arbeiten in direkten Dialog mit der nächsten Arbeit, den Denkmalschutz in Hamburg und ein Lottogewinn haben durchaus Gemeinsamkeiten.

 

Vor 70 Jahren fand die erste LOTTO-6aus49-Ziehung statt – bis heute träumen Millionen trotz minimaler Gewinnchancen vom großen Glück. Der Hamburger Künstler FLORIAN HUBER verwandelt den Lottoschein in monumentale Gemälde, deren markierte Zahlen historische Momente des Spiels spiegeln und zugleich kollektive Erinnerung sichtbar machen. Seine Werke zeigen die Ambivalenz des Glücksspiels: Sehnsucht und Hoffnung auf der einen, staatliche Verwertung und Kritik an einer milliardenschweren Maschinerie auf der anderen.

 

Die Videoarbeit „Human Archive“ von ALEXANDRA VON BRAUN im oberen Flur und mit Sitzgelegenheit ist als ein Dokument konzipiert, das in einer zukünftigen Dystopie von einer künstlichen Intelligenz erstellt sein könnte. In diesem Szenario verlieren menschliche Gesten und alles Organische, Mensch wie Natur, jede Bedeutung und werden zu bloßem Archivmaterial. Das Video versammelt 24 Szenen des Alltags, fragile, absurde und banale Handlungen, die in dieser Zukunft weder einen erkennbaren Autor noch einen Sinn haben. Begleitet von kryptischen, unpersönlichen Untertiteln werden die Bilder zu einem stummen Archiv, in dem der menschliche Körper nur als funktionslose Spur erscheint. Die Arbeit entwirft ein spekulatives Spiel mit dem Gedanken eines posthumanen Archivs und fragt nach dem Restwert des Daseins im Zeitalter der Maschinen.

 

REGINA KELAITA macht lange, ziellose Spaziergänge, ähnlich sie sie jetzt auf dem Weg in den Keller, wo die Straße runter die meisten Arbeiten zu sehen sind, allerdings mit der Kamera, bei denen sie sich komplett dem Flow des Moments hingebt. So betritt sie Seitenstraßen, Hinterhöfe, Schleichwege und Baustellen, alles was nicht hart verriegelt ist.

Dabei stößt sie in unserer ganz alltäglichen Städtischen Umgebung auf Szenen, die sich selbst zu verspotten scheinen und gleichzeitig auf poetische Weise etwas von der grundlegenden Psychologie unserer Menschlichkeit offenbaren.

 

Für MARGIT TABEL-GERSTER ist nichts wertlos. Die Objektserie „Werterhaltung“ thematisiert diesen Begriff in mehrfacher Hinsicht: Die spezielle Anordnung der Buchstaben auf Tastaturen wurde einstmals für Schreibmaschinen entwickelt und sollte das Verheddern der Typenhebel beim Schreiben verhindern. Als einziges Wort ergab sich WERT. Obwohl für effizientes Schreiben nicht mehr nötig, wurde diese Ausrichtung auch für Tastaturen von Computern und Handys übernommen. Eine wunderbare tägliche Erinnerung und Mahnung daran, Wert zu achten und zu schätzen.

Die Tasten ausrangierter Schreibmaschinen, die jahrelang ihre Dienste taten, in Juweliersschächtelchen präsentiert, werden zu besonderen Pretiosen und appellieren an die im modernen Leben im Verschwinden begriffene Werterhaltung.

 

„Das Los“ von JOHANNES GROHT zeigt einen Moment aus dem Jahr 1987, der auch heute noch so wahrgenommen werden könnte: Auf dem Heiligengeistfeld ist der Hamburger Dom zu Ende gegangen. Es wird abgebaut, aufgeräumt und saubergemacht. Die Gewinne der „Super-Tombola Der große Preis“ sind aus den Regalen verschwunden. Eine Losverkäuferin fegt die Nieten zusammen. Manchmal findet sie ein noch ungeöffnetes Los, hebt es auf und versucht selbst ihr Glück …

Die zweite Arbeit „Dieses Blatt“ konterkariert die vermeintlich reibungslose Verwertungslogik der Dinge, indem es das als wertlos Markierte nicht nur erhält, sondern es gerahmt als explizit betrachtenswert präsentiert. Risoprints des originalen Objekts liegen signiert in unlimitierter Auflage als Multiple kostenlos aus.

 

In der Videoinstallation „Chance“ von RAMONA KORTYKA wird die Thematik des Traums vom schnellen, leichten Geld behandelt. Die Personen verwenden Affirmationen in der Hoffnung, ihrer Misere zu entkommen, ein verzweifelter Versuch, gegen die Grenzen des eigenen Geistes und die systemischen Schranken der sozialen Schicht anzukämpfen.

 

SARAH BENDER-KRONBERG zeigt einen Stuhl ohne Sitzfläche und ein Fahrrad ohne Sattel, der eine als Objekt, das andere als Fotografie, als Allegorien von Verlust, Vergänglichkeit und kulturellem Wandel. Der Funktionsverlust entzieht ihnen den Gebrauchswert und öffnet Raum für neue Lesarten - das vermeintlich Wertlose wird zu einem Symbol für das, was bleibt.

 

„Zurück bleibt ein ausgetrockneter See – Sein Staub legt sich über Straßen, über Stimmen und Erinnerungen einer kleinen Stadt. Wo Wasser verschwand, versinken Geschichte, Gemeinschaft und die Vergangenheit.“ So beschreibt TINGNI GE ihre Malerei, in der sie sich mit der Identität ethnischer Minderheiten und dem Verlust von Kultur auseinandersetzt. Ein poetischer, die Arbeit ergänzender Text liegt zur Ansicht aus.

 

Das Objekt „Black Sun“ besteht aus Schläuchen. Im Prinzip ist ein alter Fahrradschlauch Abfall - wertlos. FRIEDER FALKs Anliegen ist es, das Material aus seinem zugewiesenen Kontext zu lösen und eine Ästhetik zu geben. Grundlegendes Handlungsprinzip dabei ist die Wiederholung. Das Banale wird zum Besonderen transformiert.

 

ROBERT CARLEYs Serie von Gipsreliefs reflektiert den Wert, den wir als Industriegesellschaft auf Alltagsgegenstände legen, die sorgfältig gestaltet wurden, um unsere Blicke auf sich zu ziehen, und dann weggeworfen zu werden. Der Abguss friert einen Moment ihrer vergänglichen Existenz ein und verwandelt sie in Objekte, die jetzt im Laufe der Zeit beobachtet - und vielleicht sogar geschätzt werden.

 

In vielen alltäglichen und eher unauffälligen Dingen steckt ein Potential der Verblüffung. RAINER GARBE hat ein Faible für solche scheinbar wertlosen Dinge und dokumentiert diese in seiner Objekt-Serie „Kurzgeschichten im Karton“. Für die Ausstellung haben wir ein paar Arbeiten ausgepackt.

 

ELENA KHURGINA, Stipendiatin der Claussen-Simon-Stiftung, kommt von einer musikalischen Perspektive, ihre Arbeit korreliert mit Improvisation und hat eine Verbindung zu Stille, Pause, Atmung, Notation und Rhythmus. In ihrer Mixed Media Installation mit dem Arbeitstitel „:blue:“  experimentiert sie mit Klängen, Sprachen, Bildern und Video und fängt die flüchtigen Momente des Lebens ein. Was von außen wertlos erscheint, kann in Wahrheit das Wertvollste sein und den Lebensweg verändern:

„Wie ein Moment, in dem man mit sich selbst spricht und etwas versteht, es aber noch nicht formulieren kann. - Kurze Momente der Stille. Ein Zwischenblick, um im endlosen Lauf innezuhalten. Ein- und auszuatmen. In der Stille hören wir uns selbst am besten.“ Die Kopfhörer bitte trotzdem aufsetzen. In dem Buch darf geblättert werden.

 

Die Objektinstallation „Final book“ greift die chinesische Vorstellung eines Buchs auf, in dem die Unterwelt über Leben und Tod entscheidet. Mit gefälschten Sterbeurkunden auf Papiergeld, dem In Bestattungsritualen eine symbolische Bedeutung zugeschrieben wird, thematisiert YIMEI LIU, die an der Hochschule für Bildende Künste Dresden studiert, die Vergänglichkeit und die symbolische Kraft von Bestattungsritualen. Indem sie die Logik staatlicher Dokumente nachahmt, hinterfragt sie, wie Institutionen Leben definieren, legitimieren oder entwerten.

 

KATERYNA KOZLOVA hinterfragt die eigentlichen Wortbestandteile unseres Themas, dreht sie um, reduziert so aufs Wesentliche, los vom Wert, die Loslösung von Materie und Materialität aufgreifend, und kommt zum eigentlichen Wert, dem des Lebens.

„Ich war zu Besuch bei meinem Vater, und er hatte das alte Haus einer verstorbenen Person gekauft. Wir besuchten diesen Ort, und ich spürte, was unsere menschliche Präsenz bedeutet. Es geht um unsere Umgebung, darum, was wir anziehen, was wir essen. Aber wir sind auf dieser Welt um uns auszudrücken und unsere Geschichte zu erzählen. Als jemand, die den Krieg erlebt hat, kann ich sagen, dass ab diesem Moment für mich nichts Materielles eine große Rolle mehr spielte.

Es schien, als wäre das Haus verzaubert, alles wirkte tot und zugleich voller Leben. Die Natur schenkte neue Triebe. Schnecken riefen die Assoziation an die Spirale des Lebens hervor. Ich nahm alle drei zeitlichen Dimensionen gleichzeitig wahr, was war, was ist, und was sein wird. Dieses Paradox hat mich tief beeindruckt. Ein Ort, der wie eine Müllhalde aussah, war mit neuem Sinn und Leben erfüllt.“

In ihrer Videoarbeit nimmt sie diese Spirale auf. Ergänzend zeigen wir Blätter aus einer Serie von experimentellen Monotypien, in denen ebenfalls einfache Objekte ein starkes Bild erzeugen, und in einem Gleichgewicht aus Weiß und Schwarz diesen Dualismus aufgreifen. Farbkombinationen vermitteln dabei Emotionen, die eine organisierte Form und Gestalt annehmen. 

Die Werke vermitteln Sinnlichkeit, Einfachheit und Wert im Einfachen.

 

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Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an; wenn Sie Durst haben, auch. Wir bieten nichts an, was wir nicht auch selber trinken würden, Getränke sind gegen Spende erhältlich. Der Eintritt ist frei, weil jeder Zugang zu Kultur haben soll. Sie dürfen allerdings gerne welchen spenden, wenn Sie den sonst auch honorieren. Wir konzipieren diese Ausstellungen und betreiben diesen Raum, weil wir es wichtig finden, dass es konstante und anspruchsvolle Positionen zwischen staatlichen Museen und kommerziellen Galerien einerseits und wechselnden Plattformen für Nachwuchskunst andererseits gibt - zum einen, um Kunstschaffende besser zu fördern, zum anderen, um eine lebendigere Kultur für den Dialog von Kunst und Gesellschaft zu schaffen. Wir mischen Etablierte mit Beginnenden. Was uns interessiert, ist die Qualität und das Potential. Wenn sie diese Arbeit unterstützen möchten, sprechen sie uns gerne an - oder empfehlen uns einfach weiter.

Die Erzählungen dieser Ausstellung wurden geschaffen von den Künstler:innen. Die Textredaktion hatte Gerald Chors.

 

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Laufzeit:                                               

Donnerstag, 11. September 2025 bis Sonntag, 12. Oktober 2025

 

Öffnungszeiten:                                  

Samstags, Sonntags, Montags und Dienstags 18 - 21 Uhr (und n. V.)

 

Sondertermin:                                    

Samstag, 13. September - Tag des offenem Denkmals

ab 15h geöffnet mit Führungen um 15, 18 und 20 Uhr

 

Vernissage:                                         

Donnerstag, 11.9.2025 um 19 Uhr

 

Finissage:                                            

Sonntag, 12.10.2025 11 - 16 Uhr

 

Ort:                                                         

xpon-art gallery                                               

Repsoldstraße 45                                             

20097 Hamburg

www.xpon-art.de                                              

 

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Über abweichende Öffnungszeiten informieren wir Sie auf unserer Homepage, unserem Instagram Account @xponartgallery und unserer Facebook Seite facebook.com/xponart

 

Nach der Ausstellung werden, insbesondere auch für diejenigen interessant, denen ein Besuch nicht möglich ist, 360°-Ansichten auf der Homepage eingepflegt.

Wir bitten, trotz allem an Corona und die Grippewelle zu denken und sich entsprechend zu verhalten.

 

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Mit freundlicher Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien Hamburg

 

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Preisinformation:

Der Eintritt ist frei, weil jeder Zugang zu Kultur haben soll. Sie dürfen allerdings gerne welchen spenden, wenn Sie den sonst auch honorieren. Getränke sind gegen Spende erhältlich. Wir bieten nichts an, was wir nicht auch selber trinken würden. Wir konzipieren diese Ausstellungen und betreiben diesen Raum, weil wir es wichtig finden, dass es konstante und anspruchsvolle Positionen zwischen staatlichen Museen und kommerziellen Galerien einerseits und wechselnden Plattformen für Nachwuchskunst andererseits gibt - zum einen, um noch nicht etablierte Kunstschaffende besser zu fördern, und zum anderen, um eine lebendigere Kultur für die Kommunikation zwischen Kunst und Öffentlichkeit zu schaffen.

Location

xpon-art gallery Repsoldstraße 45 20097 Hamburg