In the organizer's words:
Die brasilianische Theatermacherin und diesjährige Gewinnerin des Silbernen Löwen in Venedig Carolina Bianchi kehrt nach zwei Jahren mit Teil zwei ihrer aufsehenerregenden Trilogie “Cadela Força” ans HAU zurück: “The Brotherhood” thematisiert Männerpakte, Bruderschaften und deren Codes, in die Frauenfeindlichkeit und sexualisierte Gewalt tief eingeschrieben sind.Carolina Bianchi gilt aktuell als eine der kompromisslosesten Stimmen der internationalen Theaterszene. Nach “The Bride and The Goodnight Cinderella”, dem Auftakt von “Cadela Força” (die Stärke der Schlampe) kehrt die brasilianische Theatermacherin nun mit Teil zwei ihrer Trilogie über sexualisierte Gewalt gegen Frauen ans HAU zurück: In “The Brotherhood” demontiert sie mit einem Ensemble, das neben ihr ausschließlich aus Männern besteht, das Ideal von Bruderschaft. Schicht für Schicht werden Machtdynamiken entblößt, patriarchale Mythen zerlegt und Männlichkeitsbilder hinterfragt, die zutiefst von Frauenfeindlichkeit und sexueller Gewalt geprägt sind. Dabei richtet sie den Blick dorthin, wo die Ursprünge männlicher Machtstrukturen liegen: in den Bünden, Riten und Codes, in denen das Patriarchat und Misogynie oft subtil eingeschrieben sind. Doch der Theaterabend beleuchtet auch, wie männliche Machtdynamiken für Bewunderung sorgen mit Blick auf die Kunstgeschichte. Im ersten Akt interviewt Bianchi einen mächtigen und berühmten Regisseur. Im zweiten Akt übernimmt eine Gruppe männlicher Darsteller die Bühne und die Arbeit entpuppt sich als eine Falle: Während Bianchi die männlichen Machtstrukturen aufdeckt, wird sie selbst zu einer Figur, die unter den Konsequenzen ihres Blicks auf dieses System leidet. Der erste Teil der “Cadela-Força”-Trilogie, “The Bride and The Goodnight Cinderella”, sorgte weltweit für Aufsehen. Teil zwei bringt uns erneut dazu, über die Rolle von Gewalt in unserer Gesellschaft nachzudenken und darüber, wie wir dazu beitragen, sie aufrechtzuerhalten, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht.Seit 2015 arbeitet Carolina Bianchi, die bei der Biennale di Danza diesen Sommer in Venedig den Silbernen Löwen erhält, mit ihrem Kollektiv Cara de Cavalo (Pferdegesicht) aus São Paulo an ihrer ganz eigenen Theatersprache, die sich zwischen Konfrontation, Provokation, gesellschaftlicher Analyse und politischer Relevanz bewegt. Die interdisziplinäre Gruppe verwebt Recherche, Theorie, Popkultur und Kunstgeschichte zu hybriden Performances. Dabei wird die Bühne zum Schauplatz für dringliche Themen wie Femizid, geschlechtsspezifische Gewalt sowie patriarchale Strukturen.Pressestimmen:"We have never heard someone talk so overwhelmingly about sexual violence against women in theatre before." (Filip Tielen über “The Bride and The Goodnight Cinderella” in De Standaard)“Stühle und Tischchen werden auf die Bühne gebracht für ein Podiumsgespräch mit dem fiktiven Regiestar Klaus Haas. Carolina Bianchi huldigt dem männlichen Kollegen mit gespielter Bewunderung; Kai Wido Meyer spielt den Erfolgsmenschen mit eitler Herablassung, Selbstgefälligkeit und Coolness. Die Figur des genialischen Erfolgsregisseurs wird zum großen Vergnügen des Brüsseler Publikums fast ohne jede Übertreibung lächerlich gemacht, wenn Haas begeistert von Theaterkunst und Bühnenerotik faselt und dabei doch nur offenbart, dass er seine Leitungsposition für sexuelle Ausbeutung nutzte. Am Ende des Gesprächs lädt ihn die Interviewerin Bianchi zum Geschlechtsverkehr ein und präsentiert dem Publikum und einer herbeieilenden Kamera ihre entblößte Vulva. Dieses Anasyrma diente der alten Mythologie zufolge unter anderem der Abwehr von Dämonen. Hier hat es eine krasse Wirkung”. (Theater der Zeit)“Nach der Pause sitzen die sieben Männer aus Carolina Bianchis Performancetruppe Cara de Cavalo in Abendgarderobe hinter einem langen Tisch und pflücken sich die eine oder andere Passage aus Bianchis großer Vergewaltigungsdokumentation heraus. Bekannte Namen fallen: Von Roman Polański bis Rammsteinsänger Till Lindemann, von Otto Muehl bis Dominique Pelicot. Die sieben Männer schildern Details distanziert, ungläubig, kopfschüttelnd bis angewidert. Diese Männergewalt ist in Bianchis Inszenierung so sehr ein kollektives Gendermerkmal, so tief in Kunst- und Zivilisationsgeschichte verankert, dass Männer sie individuell gar nicht mehr wahrnehmen.” (Theater der Zeit)“A scathing, unsettling and important show about masculinity in the arts and in the theatre, without sparing ourselves either. Beware, it burns.” (Sceneweb)